Pause vom Leben

Pause vom Leben

Roman, Taschenbuch 228 Seiten

14.70 Euro

Leseprobe

Bevor das Knistern zu Tisch zu flammender Leidenschaft springt und ich mich dabei verbrennen kann, entführt mich Cleya aus meiner Tischgesellschaft. Gott sei Dank, ist mein erster Gedanke. Barbie, Ken, Frau Holle, Arni und Hans im Glück zwinkern mir alle mit einem Schmunzeln zu, als wäre das verdeckte As nun aufgedeckt worden. Wissen sie um die Bedeutung, weshalb mich Cleya vom Tisch holt, und ich nicht? Wobei … ich ahne es schon. Das muss wohl mit dem Blut zusammenhängen. Zügigen Schrittes führt mich Cleya ans andere Ende des Saals. Im Vorbeigehen registriere ich, dass die Doppeltür zu einem Tanzsaal, aus dem Musik erklingt, geöffnet wird. Diesen passieren wir und verschwinden durch eine versteckte Tür in der hintersten Ecke des Dinner-Saals.

Das alles geht so schnell, dass ich nicht den Hauch einer Chance habe, zu fragen, was hier eigentlich gerade vor sich geht. Bevor ich mich wirklich orientieren kann, wo ich gerade bin, streift Schneewittchen wieder mein Blickfeld. Die hat mir hier in diesem Separee gerade noch gefehlt. Aber damit war ja irgendwie zu rechnen. Diesmal halte ich es aus und lasse mir wegen ihr nicht das Beste vom Abend entgehen. Links neben ihr steht Helena. Sie schenkt mir ein versöhnliches Lächeln, das nach meinem kühlen Blickwechsel mit Marie wieder etwas Wärme in mein Herz haucht. Neben Helena steht eine Frau, die ich bisher nur kurz bei Aphrodite im Olymp aus der Ferne gesehen habe. Sie ist eine farbige, sehr schlanke, aber kraftvolle Erscheinung, ungefähr so groß wie ich und stellt sich mir als Kaliyha vor. Ihre schwarzen Haare schlängeln sich in einzelnen glänzenden Strähnen spiralförmig bis zu ihren Schultern. Jede ihrer Bewegungen wirkt bedacht, fließend weich, aber in einer Weise bestimmt und kontrolliert. Die Art, wie sie mich anschaut, gleich der einer Schlange, die sich um einen Baumstamm windet. Ihr Blick windet sich in einer Scharfsinnigkeit um mich, die mich ängstigt und anzieht zugleich. Sie ist mir ein wenig unheimlich, aber dennoch wirkt sie nicht bedrohlich. Durch ihre dunklen Augen zischelt lebendiges Feuer aus einem tiefen Abgrund herauf. Sie gehört zu den Frauen, denen nichts entgeht, wenn sie in einem Raum sind. Jede kleinste Bewegung, jede Veränderung, jede Stimmungsschwankung erfasst sie augenblicklich. Gleichzeitig kann sie sich durch die Menge bewegen, ohne dass man sie hört. So fließt ihre Präsenz wie Wasser durch den Raum, geräuschlos und weich. Ganz anders als Marie, deren Stöckelschritt wie ein Maschinengewehrfeuer durch den Flur knallt, sodass man vor ihr nur die Flucht ergreifen kann.